An den Brötchen erkennt man den Bäcker

Bei der "Langen Nacht des Backens" lassen sich die Mehlkünstler aus Meckenheim und Bornheim-Uedorf über die Schultern schauen - Einige traditionelle Brotsorten sind auch nach über 100 Jahren noch beliebt
Von Juliane Hornstein          
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Bornheim. Ein herrlicher Duft nach frischen Berlinern zog in der Nacht zum Samstag durch Uedorf. Er kam aus dem Keller der Bäckerei Elmar Klein, die wie rund 800 weitere Bäckereien in Deutschland ihre Backstube zur "langen Nacht des Backens" geöffnet hatte.
Zuständig für die Berliner war Bäckermeister Reimund Klein. Um auf einen Schlag 48 dieser süßen Leckereien zu backen, hat er zwar maschinelle Hilfe, aber ganz ohne Handarbeit geht es nicht. Den Teig mischt er beispielsweise selbst. Ein Portionierer formt dann aus dem über einem Kilo schwerenKlumpen kleine Bällchen, die eine Zeit lang ruhen müssen.
Mit nur einem Handgriff fallen diese schließlich in die riesige Fettpfanne, um bei etwa 180 Grad zweimal von beiden Seiten gebacken zu werden. Das Umdrehen besorgt ebenfalls eine Maschine, doch der Meister muss immer wieder kontrollieren. "Es kann schon mal passieren,
dass sich einer nicht dreht. Dann muss man klassisch von Hand wenden." Die Füllung wird erst nach dem Backen in die Berliner gespritzt. Immer zwei auf einmal kann Klein mit der elektronischen Pumpe befüllen. Eine Arbeit, an die sich die Hände gewöhnen müssen: "Die Berliner sind noch ganz heiß."
Daher bittet er auch die Besucher, mit dem Probieren noch etwas zu warten.

Zum Schluss werden die Gebäckstücke noch in Zucker gewälzt. Wären sie vom Fließband, würden sie mit Puderzucker bestäubt, weiß Klein. "Der lässt sich mit der Maschine besser verarbeiten." In nur einer Stunde bäckt er so 430 Berliner in Handarbeit, die Tagesmenge für einen normalen Tag.
Im Karneval sind es deutlich mehr. "Um Weiberfastnacht steht man bis zu zwölf Stunden am Stück hier und macht Fettgebackenes", berichtet der Bäckermeister. Im Erdgeschoss des Familienbetriebes wurde für die Besucher die Produktion ein paar Stunden nach vorne verlegt. Statt abends um zehn begannen die Bäcker hier schon um acht damit, die täglich benötigten 300 bis 400 Brote zu backen. "Dass es noch richtige Handarbeitsbetriebe gibt, ist kaum noch bekannt", erklärt Armin Klein, der zusammen mit seinem Cousin Reimund Klein die Bäckerei leitet.
Auch die großen Brote müssen von Hand in den garagentorgroßen Ofen. Im Nebenraum werden die Zutaten für die verschiedenen Brote zusammengestellt. Das Mehl wird allerdings nicht in Säcken wie bei Wilhelm Busch, sondern gleich im Silo gelagert. Zur Tagesproduktion gehören außerdem etwa 5000 Brötchen, am Wochenende sogar bis zu 10 000.
Die Besucher sind erstaunt, als sie erfahren, dass ihre Frühstücksbrötchen als geformte Teiglinge an die Filialen ausgeliefert werden. "Da wird den ganzen Tag frisch gebacken", erklärt Armin Klein. Und weil ganz Frisches eben am besten schmeckt, konnten die Besucher nicht nur bei der Produktion zusehen, sondern gleich von allem probieren. Besonders den Kindern gefiel es, und sie bekamen im Keller sogar auf Wunsch ihre Berliner einmal ohne Marmelade.
In der Backstube Maul in Meckenheim leuchteten in dieser Nacht ebenfalls die Kinderaugen. Vor allem, als Inhaber und Bäckermeister Peter Maul bei seiner Führung an der Konditoreiabteilung vorbei kam, lief einigen das Wasser im Munde zusammen. Aus Marzipan und Mandelblättchen formte hier eine Konditorin süße Mandelhörnchen.
Daneben kümmerten sich ihre Kollegen um Schokoladencroissants, Apfelkuchen und Plundergebäck - alles von Hand. Die Bäckerei Maul in Meckenheim ist zwar schon einer der größeren Betriebe, riesige Fließbäder gibt es dennoch nicht. Sie würden sich nicht lohnen, erklärt Maul. Dafür sind seine Mitarbeiter fast rund um die Uhr beschäftigt. "Wenn wir nicht in der Backstube produzieren, dann wird sie sauber gemacht."

Allein 50 verschiedene Brotsorten werden morgens an die 18 Filialen ausgeliefert. Doch nicht alles entsteht in der Nacht. Einige der Mitarbeiter hatten extra ihre Tagschicht in die Nacht verlegt, um den Besuchern ihr Handwerk zu zeigen. Maul ist sichtlich stolz auf die Leistungen seiner Angestellten. Mit Verkäuferinnen, Bäckern und anderem Personal beschäftigt der Familienbetrieb rund 140 Menschen aus der Region. Doch vergrößern und eventuell auf Maschinen setzten möchte Maul nicht.

Ständig lassen sich die Bäckereien etwas einfallen, gibt es ganz neue Kreationen. Seit der Firmengründung der Backstube Maul 1883 beliebt ist aber ein ganz einfaches Brot, das unterdessen unter dem Namen "1883" verkauft wird. Es besteht auch unter der Leitung der vierten Generation nur aus Mehl, Wasser und Salz.

Auch die Bäcker aus Uedorf bestätigen, einfaches Brot werde immer gewünscht. Sie fertigen seit den 60-er Jahren ihr "Doppelback" nach einem Rezept ihres Vaters. Und natürlich lebt ein Bäcker von den frischen Brötchen. "Brötchen sind nach wie vor das, woran ein Bäcker gemessen wird", erklärt Maul. Dabei hat jeder so sein kleines Geheimnis, wie er seine Brötchen backt.


(10.10.2005)